Eintritt in das „grüne Herz Deutschlands“

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In Thüringen gibt es „Kuschelklöße“! Muss ich dazu noch was sagen?

Na, auf jeden Fall erreiche ich mit Mödlareuth den thüringischen Abschnitt des Grünen Bandes. Ich verwende jetzt mal den Begriff „Grünes Band“, weil es hier wirklich grün ist. Grüner als grün. So grün, dass auf Informationstafeln darauf hingewiesen wird, dass immer noch die Gefahr besteht auf Minen zu stoßen, wenn man den Kolonnenweg verlässt. Schluck…! Mein grauer und in dem Falle lebensrettender Freund bildet nun sozusagen die westliche Außengrenze des Thüringer Waldes und ist streckenweise nicht begehbar, so dass mich mein Weg des Öfteren ins nähere Hinterland führt.

Das Bundesland trägt mit 50% den längenmäßig größten Anteil am Grünen Band und mehr als die Hälfte wurde an die Stiftung Naturschutz Thüringen zur Pflege und Erhaltung übertragen. (Die freuen sich über jegliches Engagement,siehe „Kontakte“.)

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Das Grüne Band zieht sich immer noch wie eine Narbe durch das Land.

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Hier gut zu erkennen von einer Aussichtskanzel bei Pottiga über das Saaletal.

In Blankenstein erreiche ich das Ende, …oh nein, Asche auf mein Haupt, es muss natürlich heißen: den Beginn des Rennsteiges. Die Blankensteiner hören das so gerne. Hier kreuzen sich 5 Wanderwege: der Frankenweg, der Kammweg, der fränkische Gebirgsweg, das Grüne Band und der Rennsteig. Der Bürgermeister in Dynamo-Dresden-Kluft empfängt mich höchstpersönlich und da am Himmelfahrtswochenende alle Welt Urlaub am Rennsteig macht und somit alle Unterkünfte ausgebucht sind, weist er mir ein lauschiges Plätzchen an der Selbitz für umme.2016-05-07 21.28.05Ich muss dazu sagen, der Bürgermeister, Herr Kalich, ist ehrenamtlich tätig und meinen unglaubwürdigen Gesichtsausdruck kommentiert er bloß mit „Sowas gibt es noch in Thüringen.“ Er ist ehrenamtlicher Bürgermeister, engagiert für das Wohl seiner Gemeinde, Fan der bekanntesten sächsischen Sportgemeinschaft, Sympathisant von St.Pauli (und sein Sohn nicht minder) und betreibt einen kleinen Grillimbiss mit integrierter Touristeninformation. In Blankenstein arbeitet man lösungsorientiert und anwendungsbezogen.

Die Nacht am Fluss wird feucht-kalt. So unangenehm, dass ich meine Isomatte in die naheliegende öffentliche Toilette verfrachte, um auf diese Art und Weise wenigstens noch zu ein paar Stunden Schlaf zu kommen. Life happens outside of your comfort zone. 😉

Mein Weg verläuft partiell auf dem berühmten Rennsteig, der mit einer Länge von 169,3 km Deutschlands ältester und bekanntester Wanderweg ist. Und was ich davon gesehen habe, meiner Meinung nach auch einer der schönsten. Dazu geht mir unwillkürlich ein Lied über die Lippen:

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Wanderer heißen auf diesem Weg „Renner“ und das Laufen „Runst“, der Gruß entsprechend „Gut Runst“. Vielleicht kommt es mir nur so vor, aber dieser Weg und die Menschen, die ihn begehen haben einen ganz eigenen Charakter. Rau, herzlich, einfach, offen und ehrlich. Der Wanderer profitiert zusätzlich von zahlreichen Unterkünften, guter gastronischer Versorgung, zuverlässiger Beschilderung und sehr wanderfreundlichen Wegen. Findet jedoch trotzdem Ruhe, und ursprüngliche Natur.  Und das alles zu moderaten Preisen. Der Rennsteig ist aber auch ein Inbegriff von Teilung und Wiedervereinigung, denn ein Teil lag zu DDR-Zeiten im Sperrgebiet und durfte nicht begangen werden. Eine alte Frau in Blankenstein erzählt mir kopfschüttelnd, sie hätte niemals geglaubt, dass man den Weg irgendwann wieder in seiner Gesamtheit erlaufen könne. Welch schöne Symbolik spricht aus diesem Satz …

Diese Etappe hinterlässt ein warmes Gefühl in meinem Herzen und die Erinnerung an diese anderthalb Tage auf dem Rennsteig sind voller Wohlbehagen.

Ich befinde mich nun in einer durch den Schieferabbau intensivst geprägten Gegend. Das sogennante Thüringer Schiefergebirge. Lehesten, eine ehemals geschäftige Bergarbeiterstadt, sucht seit der Stillegung ihrer Schiefergruben seine Chance im Tourismus. Eine Besonderheit sind ihre fast ausschließlich mit „blauen Gold“ verkleideten Häuser. Ein Blick auf diese silbern-schwarze Stadt lässt mich staunend innehalten. Aber auch außerorts findet man immer wieder Zeugen dieses hier so hohen Gesteinaufkommens. Manchmal wirkt das so surreal, dass man meint, man befinde sich in einer anderen Welt.

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Die nächsten zwei Tage verbringe ich im verschlafenen Nest Probstzella, dass bekannt für sein „Haus des Volkes“ ist, ein imposantes Bauwerk im Bauhausstil und klassisches Beispiel für diese Architekturrichtung. Sie zeichnet sich durch Funktionalität, klaren Formen, symetrischen Elementen und Schlichtheit aus. Walter Gropius sagte einmal in seinem Bauhaus-Manifest:

Das Endziel aller bildnerischen Tätigkeit ist der Bau! (…) Architekten, Bildhauer, Maler, wir alle müssen zum Handwerk zurück. (…) Der Künstler ist eine Steigerung des Handwerkers.

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Auch hierzu wieder ein interessanter Zeitzeugenbericht: 0911 810940046301 (dt.Festnetztelefonnummer, keine weiteren Kosten)

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7 Gedanken zu “Eintritt in das „grüne Herz Deutschlands“

  1. Bin wieder im Ländl’e zurück, habe die Sonne im Osten zurückgelassen,
    hier und jetzt Regenwetter, die „Eisheiligen“ stehen wohl vor der Türe..
    ..da habe die Zeit genutzt mich etwas näher mit deinem Blog inklusive Unterforen zu befassen.

    Was soll ich sagen, bin beeindruckt was du da so „Nebenbei“ noch auf die Beine stellst,
    für uns in Bild und Schrift festhältst. Chapeau meine Liebe!

    Sogar den Rainald Grebe mit seiner Hymne über das aktuell von dir durchlaufene Bundesland
    konnte ich hier mal wieder hören..

    Zitat: “ Weil die Muttis hier so Spitze sind.., wenn die einmal Kartoffeln reiben,
    möchte Man gleich untern Rock und für immer bleiben..“

    Mehr jibbets dazu eigentlich nicht zu sagen!! ,-)

    Wünsche dir noch viele weitere interessante Begegnungen mit den Menschen vor Ort.
    Genieße deinen Weg auf diesem geschichtsträchtigen Band,
    und lass uns weiterhin daran teilhaben!

    Liebe Grüße, Jan

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    1. Danke für deinen umfangreichen Kommentar, lieber Jan! Ich bin ja direkt ein wenig beschämt. Ja, in der Tat, ich hab was an den Thüringern gefressen. Die sind einmalig, hätte ich nie gedacht, dass ich einmal so tief ein dieses Land eintauchen werde. Werd ganz traurig, wenn ich dran denke, dass ich in absehbarer Zeit die Landesgrenze überschreite und nach Sachsen-Anhalt komme. Danke für die guten Wünsche!!!

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      1. So schlimm sind die Anhalter nicht, liebe Uta. Zumindest nicht mehr, seit man ihnen ein „Sachsen“ vorangestellt hat 😉

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      2. Nein, nein, so war das natürlich auch nicht gemeint! Ich freue mich UNHEIMLICH auf die Erfahrungen mit diesem jenen speziellen Kulturkreis. Ich kann nur Liebgewonnenes so furchtbar schwer loslassen. Stempel drauf: Thüringen fetzt!!!

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      3. Aber das die mit „Sachsen-“ anfangen ist tatsächlich eine beruhigende Tatsache. Ich hoffe, sie machen diesem Vorwort alle Ehre.

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      4. Und immerhin haben die auf der anderen Seite das „Sachsen“ noch hinten dran. Kann also nicht so schlimm werden. 😉

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